CARPE NOCTEM!

Eine Nacht-Installation: 6 Nächte für 6 Gäste
Intervention im Rahmen der «ZwischenSpiele»
21.–27.01.2009
KunstRaum R57, Röschibachstrasse 57, 8037 Zürich
www.R57.ch
Installation: »Traum 1«, Video, Loop 1′ 37» ; 2009; »Stelen«, Seifenobjekt, Stecknadeln, mehrteilig, je max. 30 x 15 x 60 cm; 2009; »Der unberechenbare Zeuge«, Fanzine, A5, Farbe, ca. 30 Ex.; 2009

Für sechs Nächte verwandelt sich der Kunstraum R57 in eine Schlaf-, Traum- und Arbeitsstätte, in der sechs Gäste dem permanenten Mangel an transzendenten Erlebnissen nachforschen, um so kreative Praktiken zwischen Cis-, Meta- und Trans-Zuständen gegen das Unglücklichsein zu erproben. Am jeweiligen Morgen danach sind Interessierte eingeladen, am schöpferischen Potential der vergangenen Nacht teilzuhaben. Über den Zeitraum der Intervention ist die Videoinstallation Traum I von außen zu sehen. data | Auftrag für parasitäre* Gastarbeit entwickelt und untersucht parasitäre Strategien in Kunst und Theorie – der Gast erbringt seinem Wirten also ebenfalls einen Dienst. Der unberechenbare Zeuge, ein Kopiererprodukt, erfasst das Material dieser sechs Nächte und wird am letzten Abend von CARPE NOCTEM! präsentiert.data arbeitet derzeit an einem Fragenkomplex über Glück, dessen Bestandteil auch CARPE NOCTEM! ist. Den einzelnen, dieser »Jagd nach dem Glück« entspringenden Arbeiten liegt die absurde Erzählung »Die Jagd nach dem Schnatz, eine Agonie in 8 Krämpfen« von Lewis Carroll zugrunde. Diese berichtet von einer außergewöhnlichen Schatzsuche: Die Anwesenden – Captain, Makler, Bankier, Hutmacher, Billard-Markör, Bäcker und Biber – befinden sich mit Hilfe einer leeren Ozeankarte auf der Suche nach dem »Schnatz«, worunter das Glück zu verstehen ist. Die Erzählung stellt das Empfinden und die Herangehensweise jedes einzelnen Protagonisten während dieser Jagd in den Vordergrund. Die Nacht-Installation CARPE NOCTEM! folgt dem 6. Krampf »Der Traum des Anwalts« und bildet einen Hort zwischen Intimität und Öffentlichkeit mit dem Zweck der Selbst- und Fremdbeobachtung, um in der Einsamkeit einer kalten Winternacht der Frage nachzuforschen:
Are you happy?

Traum I, im Rahmen der Intervention CARPE NOCTEM! im KunstRaum R57 gezeigt, wurde auf das Fenster projiziert und war von außen wie innen gleichermaßen sichtbar. Traum I, hinter dem sich CARPE NOCTEM! abspielt, zeigt nonstop eine Traumsequenz im Loop, in der sich eine Frau (Darstellerin: Nicole Waltenspühl) endlos Stecknadeln aus dem Mund zieht und dabei zunehmend in Panik gerät. Ein solcher indirekter Angsttraum tritt in Stresssituationen als unberechenbarer Zeuge von unterbewussten Verarbeitungsprozessen auf. Die Stecknadeln werden in Richtung des zweiten Fensters abgelegt, das eine bergartige, mit Stecknadeln besetzte Seifenplastik zeigt. Aus Resten des Seifen-Objekts 84 entstanden, verweist es – wie die Vanitas-Gegenstände und die Nacht selbst – auf die Vergänglichkeit unseres Daseins.

Stelen bildet als Gruppe dieser Seifenelemente das Restmaterial von 84, einer Arbeit für den Außenraum in Form einer Grabplatte. Die sieben Stelen greifen, nicht zuletzt auf formaler Ebene, das Thema des Werdens und Vergehens noch einmal auf. Abgesehen von den Stecknadeln in Stelen wurden die Seifenblöcke nicht bearbeitet, sondern lediglich aus den Resten der Grabplatte herausgeschnitten. Wenn die Aura des Objekts erhalten ist, wohnen in diesen Stücken wiederum die Empfindungen Verletzung, Schmerz und Trauer inne – verzichten jedoch darauf, noch einmal auf ein biographisches Moment zu verweisen. Stelen sind nur Form – abstrakte Solitäre.

Performances zur Eröffnung am 21.01.2009 von Franz Gratwohl, »Schläfer« und Merlin Zuni, »Are you Happy? (2009/1966)«, Re-enactment einer Besucherbefragung

 

CARPE NOCTEM! Eine Nacht- Installation; 1 Nacht für 1 Gast
data präsentiert sich selbst im Centre Pasquart, Biel/Bienne
Fr. 29.10.2010, 18.19 Uhr (Sonnenuntergang) bis Sa. 30.10.2010, 08.09 Uhr (Sonnenaufgang). Einladung im Rahmen der Ausstellung »Felicità – Freude, Glück und Emotionen in der zeitgenössischen Kunst«, Centre Pasquart, Biel/Bienne
www.pasquart.ch

CARPE NOCTEM! ist Teil des Werkkomplex Glück