MIT SEIFE UND GABELN. Eine Ausstellung zum Glück I

Mit: Klara Borbély CH, Bettina Carl CH/DE, Benjamin Egger CH, ekw 14,90 AT, Fawzy Emrany DE, Beat Füglistaler CH, Franz Gratwohl CH, GBC Gebrüder Bühler CH/DE, Gabriela Gründler CH, Andrea Heller CH/FR, Patricia Jacomella CH, Andrina Jörg CH, Sandra Knecht CH, Pascal Lampert CH, Anne Lorenz CH, Sonja Lotta CH, Andreas Marti CH, Damir Očko HR, Ursula Palla CH, Sebastian Schaub CH, Rüdiger Schlömer CH/DE, Nadja Schöllhammer DE, Martin Senn CH, Elisabeth Smolarz USA, Andy Storchenegger CH, Marion Strunk CH, studio A CH, Lex Vögtli CH, Edward Wright CH/GB, Silvie Zürcher CH

 

16.01.–27.02.2011
Kunstraum Kreuzlingen, CH–Kreuzlingen
www.kunstraum-kreuzlingen.ch

Kuratorisches Projekt mit zwei Ausstellungen und Publikation, 2011
Werkkomplex, 2007–2010

Hat jemand eine Ahnung? Wo sind die Werkzeuge, welche Rolle spielt der Zufall, ist Angst ein Antrieb, braucht es die Störung, was gilt es zu verteidigen? Ist das Glück eine launische Hure?  Es ist ein Boojum, nicht wahr?

»Mit Seife und Gabeln« ermittelt aus gegenwärtiger Perspektive soziale, politische und kulturelle Bedingungen für Glück. Parallelerzählung und konzeptionelle Blaupause bilden Motive aus Lewis Carrolls absurdem Versbericht »The Hunting of the Snark« aus dem Jahr 1876 über eine Handvoll unglücklicher Glücksuchender. Die als »Agonie in 8 Krämpfen« untertitelte Erzählung stellt die individuelle Herangehensweise an diese Suche ins Zentrum. Gefahndet wird nach dem Snark – doch wehe dem, der ihn findet, denn dieser könnte sich als Boojum entpuppen. Carroll beäugt das geschäftige Streben nach Glück mit Ironie und im Geist des Existenzialisten: mit Blick auf der Suche einzig gewisser Erfüllung – dem Tod.
Das Diktum, wir seien alle auf der Suche nach dem Glück, korrumpiert und bindet den Glücksbegriff an rationale Zwecke. Die Flut konsumistischer Happiness-Konzepte bedient sich seiner und setzt ihn an die Stelle konkreter menschlicher Bedürfnisse wie Freiheit oder Gesundheit. Das Glück aber ist rebellisch, es widersetzt sich der Regung, konservativ zu werden, seine Beschaffenheit bleibt liberal und unscharf, seine Anwesenheit flüchtig. Treu der etymologischen Wortbedeutung, zeigt sich ein Gelücke nicht selten erst retrospektiv.

In einer Schaffensphase von 2007 bis 2010 koppelte data | Auftrag für parasitäre* Gastarbeit in einem mehrteiligen Werkkomplex über Glück gesellschaftliche Erkundungen an einzelne Motive aus »The Hunting of the Snark«. Dieser Komplex bildet das konzeptionelle Fundament der Ausstellung, die in Kunstraum und Tiefparterre dreißig medial heterogene und in größerer Zahl spezifisch entstandene Arbeiten versammelt. In Gesellschaft von Künstlerinnen und Künstlern aus der Schweiz sowie aus Deutschland, Österreich, Kroatien und den USA beschließt data | Auftrag für parasitäre* Gastarbeit seine Ermittlungen zum Glück und bündelt die Kräfte… »Mit Seife und Gabeln« präsentiert weder Ansichten von Glückseligkeit noch Wege ins Glück. Viel­mehr tastet jede Position mit Eigensinn im Halbdunkel nach einer Lücke. Es werden Störungen und Zufälle manifest und, dass wir nur im Unglück alle gleich sind. Auch Carrolls jagender Schiffsbe­satzung ergeht es nicht anders. Doch mitunter schimmert durch die Luke, deren Sprachwurzel ebenso im Gelücke liegt, die Ahnung, dem Glück hafte wohl etwas Transzendentes an.


Konzept/Kuratorium: data | Auftrag für parasitäre* Gastarbeit
Unterstützung durch: durch MIGROS Kulturprozent, Ernst & Olga Gubler-Hablützel Stiftung, Kulturamt Thurgau sowie der Thurgauischen Kunstgesellschaft
Foto © u.a. Andreas Lehner